„Pieta“ und „Auferstehender Christus“

Das Motiv der Pieta gestaltete Luis Rauschhuber oft dem des Verlorenen Sohnes sehr ähnlich. Die Konzentration aller Aussagekraft auf die Gesichter gelegt, lässt diese zum Spiegel des Leidens werden. Dabei betonte er wie bei der Darstellung des Verlorenen Sohnes die formale Einheit. Maria und Jesus sind immer in ihrer inneren und äußeren Verbundenheit gezeigt. Auch in vielen Zeichnungen hat sich Luis Rauschhuber mit diesem Thema immer wieder aufs neue befasst. Dabei reduzierte er die wesentlichen Bildelemente auf wenige kraftvolle Linien, die Flächen wurden grob laviert und der Bildausschnitt geradezu schnappschussartig verengt. (als Beispiel siehe Zeichnung: 280). Die Grenze zwischen profanem und sakralem Motiv wurde durch das zunehmende Verschwinden der Attribute aufgehoben.

So verkörpert das Motiv der Pieta, was soviel wie „Inniges Mitgefühl“ bedeutet, das individuelle menschliche Leiden, wie schon bei anderen Künstlern des 20. Jahrhunderts, beispielsweise Wilhelm Lehmbruck und Käthe Kollwitz.

Luis Rauschhuber wollte den Menschen durch die Gestaltung eines Auferstehungskreuzes ein Mut machendes Zeichen setzen.

"So schuf ich nach mehreren Erlebnissen, wie Menschen ihren Glauben verloren, wie sie nicht mehr an Seine Auferstehung glaubten, ein neues Auferstehungskreuz, das den Heiland nicht mehr wie in den vielen Jahrhunderten tot, sondern lebendig und sieghaft zeigt!" 

(ABK Verzeichnis Germanisches Nationalmuseum, ZK ABK 551, 1971/72)

Neu in der Darstellung des gekreuzigten Christus ist die konsequente Interpretation als Auferstehenden. Nicht die gequälte Ansicht des Sterbenden wollte Luis Rauschhuber den Menschen vor Augen führen, sondern den triumphierenden Christus, der durch seine Auferstehung in der Überwindung von Leid und Tod für die Menschheit Hoffnung aufzeigt. Dabei gestaltete er Christus in der Regel sehr hell, in weißem Stuck, zum Teil farbig gefasst. In der Wahl des hellen Materials zeichnet sich die positive Interpretation schon an. Mit erhobenen Armen ist der Erlöser über dem Gabelkreuz als der Überwinder im Moment des Auferstehens dargestellt. Die sich nach unten verjüngende Gestalt und das kompakte Gewand ergeben eine schwungvolle V-Form.

Gestik, Gewand und Kruzifix sind dabei Kompositionselemente, die das Emporschweben wirkungsvoll unterstreichen. Außer in der Verwendung des Gabelkreuzes, welches um 1300 häufige Verwendung im Rheinland fand, kann man auch in der Wahl der Komposition und der Ausdrucksmittel feststellen, dass Luis Rauschhuber sich mit der strengen Formensprache des Mittelalters verbunden fühlte.

Auch die Stationen des Kreuzwegs erweiterte Luis Rauschhuber um die Gestalt des auferstehenden Christus. Der Kreuzweg in der Kapelle des Schwesternwohnheims von St. Georg in Nürnberg erzählt in kleinen Relieftafeln die Leidensgeschichte Jesu. Dabei ist die bildnerische Sprache ganz auf den Ausdruck von Händen und Gesichtern reduziert, bzw. abstrahiert. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass dort nicht die Grablegung die letzte Station, sondern die Auferstehung, der Sieg des Lichtes über die Finsternis, den Kreuzweg abschließt.