Das „Licht“ als Bedeutungsträger

Das Licht spielt im Werk Luis Rauschhubers eine große Rolle. Selbst begeisterter Fotograf seiner Werke, setzte er für dieses Medium das Licht gezielt ein, um den Ausdruck seiner Plastiken in der Fotografie noch zu steigern. Seine Liebe zum Licht drückt sich einerseits in einer Vielzahl von Leuchtern aus, die Luis Rauschhuber für den privaten, wie auch für den liturgischen Gebrauch schuf. Andererseits ist die Komponente „Licht“ in den Engeln, Madonnen und Lichthütenden sichtbar eingefügt. Ob die Gestik des Engels als segnend, schutzbietend oder auffordernd interpretiert wird, immer bleibt die Komponente des Lichtes dominant. Mit Aufschriften wie „Mache dich auf und werde Licht“ oder „Advent“ (Ankunft Christi) stellt Luis Rauschhuber den direkten Bezug dazu her. So soll das Lichtzeichen auf dem Körper der Madonna das Christuskind symbolisieren und damit Christus als das Licht der Welt ankündigen.

Die „Lichthütenden“ mahnen zur ständigen Bereitschaft und Wachsamkeit, zum sorgfältigen Umgang mit dem Licht und zum Leben im Glauben.

"Fasse dich in jeder schweren Lebenslage an Deinen Glauben, dann wird sogleich Licht in Dein Leben kommen und alle Finsternis muss weichen."

("Über die Einsicht")

Sie hüten das Licht der Welt und damit den Glauben an die Kraft von Güte, Weisheit, Liebe,- an die Ankunft des Herrn. In der Darstellung zu zweit oder zu dritt geben sie sich gegenseitig Schutz. Der leicht geneigte Kopf, die gesenkten Augen und die schützend vorgehaltene Hand deuten anschaulich die Sorge um das kostbare Licht.

Engeldarstellungen sind ein weiteres Hauptmotiv im Werk Luis Rauschhubers. Für ihn ist ein Engel Mittler zwischen Mensch und Gott, Bote des Herrn, Mahner und Verheißung. Auf Letzterem liegt der Hauptakzent in Luis Rauschhubers Engeldarstellungen. Der „große Engel“ steht in Ehrfurcht mit einem ins Transzendente entrückten Blick, wie man ihn vor allem in der mittelalterlichen Plastik findet, als hätte er eine Vision oder schrecke vor etwas zurück. Die spitz zulaufenden Flügel erinnern an züngelnde Flammen. Die Gestalt des Engels ist in voller Spannung leicht nach hinten geneigt, was das Moment des Erhabenen verstärkt.

Luis Rauschhuber sieht die Engel in biblisch korrekter Auffassung als mächtige (Ehr-)Furcht einflößende Boten Gottes.

"... Ach könnten wir beispielsweise nur einen einfachen Engel leibhaftig von Angesicht zu Angesicht schauen, wir müssten uns vor dessen Größe und Vitalität zu Boden werfen. Wir müssten alle unsere verfügbaren Kräfte aufwenden, um nur einen Augenblick davor zu bestehen."

(Brief an Gertrud Meixner, 20. April 1943)

Die faszinierende Ausstrahlungskraft eines Engels bringt Luis Rauschhuber ganz besonders auch in den Zeichnungen zum Ausdruck, in denen er den Engel mit einer großen, ausladenden Geste das ganze Blatt einnehmen lässt. Dabei reduziert er zunehmend die Ausarbeitung des Gewandes, so dass sich in späteren Ausführungen der Engel mit wenigen starken und schwungvollen Strichen als eine große, weiß blitzende Fläche über das Dunkel des übrigen Blattes erhebt. In dieser Form kommt sie Luis Rauschhubers Darstellungen des Auferstehenden Christus nahe.