Gertrud Rauschhuber erzählt

Er war ein bedeutender Bildhauer – eine ausgeprägte Künstlerpersönlichkeit. Als Mensch war er bescheiden, sensibel, zurückhaltend und sehr liebenswert. Eine tief religiöse Einstellung hat ihn geprägt, die auch einen Bezug zur Mystik hatte; in den letzten Lebensjahren war er nur noch religiös interessiert – für seine Familie nicht einfach!  –  Er war ein Fanatiker; sein Schaffen entstand aus innerer Notwendigkeit. Sosehr er abstrahierte und immer die strenge Form suchte, so hat doch jede seiner Arbeiten eine Aussage. Zu intellektuellem Formenspiel  –  l´art pour l´art - hatte er keinen Bezug, jedenfalls nicht, was sein Schaffen betrifft.

Aufgewachsen in Kraiburg –Niederbayern bei den Großeltern als lediges Kind hat er früh gelernt mitzuarbeiten. Der Großvater war Waldarbeiter – harter Beruf und wenig Gehalt – die Großmutter hat im Garten Gemüse gebaut und an die Bauern verkauft und damit das Gehalt aufgebessert. Der kleine Luis wurde früh herangezogen zu helfen. Er hat heimlich im nah gelegenen Inn Fische gefangen um den Küchenzettel aufzubessern. – Der Großvater wurde von einem umstürzenden Baum erschlagen; die Großmutter starb, als Luis 16 Jahre alt war. – Die Bauern beteten am Sterbelager; der Pfarrer kam und gab seinen Segen; und dann gingen alle fort und keiner fragte: Was wird aus Dir Luis? Es war das Jahr 1920. Luis arbeitete bei der Kanalisierung des wilden Inn, dann als Vermessungsgehilfe. Die Inflation nahm ihren Lauf. Luis schleppte die Löhnung mit dem Rucksack herbei, die Tags darauf wertlos wurde.

Zu Weihnachten 1924 bekommt Luis eine Einladung nach Nürnberg von seiner Tante Rosa, der Schwester seiner Mutter, die an Lungenschwindsucht gestorben ist, als er ein halbes Jahr alt war. Sein Vater soll ein italienischer Adeliger (De Spada) gewesen sein. – Mit Tante Rosa und deren Sohn Alfons, seinem Halbbruder, besteht Verbindung, weil die Tante öfters im Sommer mit ihrem Buben nach Kraiburg kommt ins Haus ihrer Eltern. Sie wohnt jetzt in Nürnberg, war früher Beschließerin in einem Hotel in München, wo Luis´ Mutter in der Küche tätig war. Diese Einladung nach Nürnberg wird für Luis wichtig. Er kauft vom Ersparten von einem Bauern ein Schwein und schleppt in einem schweren Koffer das Fleisch und die Würste nach Nürnberg. Dort ist zur Zeit Hungersnot, Inflation. Tante Rosa ist so begeistert, dass sie dem Luis anbietet bei ihr zu bleiben. – Luis wandert durch die Stadt und ist fasziniert von den Kirchen, den Plastiken. Plötzlich steht sein Entschluss fest: Ich will Bildhauer werden! Er sucht sich einen Steinmetz als Lehrmeister und macht dort die Lehre. Abends besucht er die Kunstgewerbeschule. Er geht auch auf Wanderschaft nach Norddeutschland und arbeitet zeitweilig bei dortigen Meistern. In Nürnberg wird er nach seiner Lehrzeit als Schüler an der Kunstschule aufgenommen, beteiligt sich an vielen Wettbewerben, bekommt Preise und wird auch gefördert vom damaligen Direktor der Schule, Prof. Brill. Er erschafft u.a. den Schmerzensmann, heute Kriegerdenkmal in St. Martin Nbg. Ein Stipendium ermöglicht ihm, an die Kunstakademie nach München zu gehen; sein sehr verehrter Lehrer dort ist Prof. Killer. Nach 3 Jahren München kommt er zurück nach Nürnberg, wird hier Meisterschüler von Prof. Widmer und bezieht einen eigenen Atelierraum neben Prof. Widmer in der Flaschenhofstraße. Dieses Haus steht neben der Kunstschule in Nürnberg, d.h. es stand und wurde zerstört beim großen Angriff auf Wörth im August 1942.

Luis Rauschhuber arbeitete hier als freischaffender Bildhauer und wurde vor allem als Portraitist in Nürnberg bekannt, hat sich aber immer auch mit religiösen Themen befasst,  d.h. diese Themen haben ihn dauernd beschäftigt. – Er hat einen ausdrucksstarken Beethovenkopf geschaffen, der auch von der Städt. Galerie Nürnberg angekauft wurde. Heute befindet sich ein Bronzeabguss im Konservatorium Nürnberg.

Gertrud Rauschhuber
(handschriftliche Aufzeichnung)