Luis (Alois) Rauschhuber wurde am 31. Mai 1904 in München geboren.
Luis war gerade ein halbes Jahr alt, als seine Mutter starb. Seinen Vater hatte er nie gekannt. Er verbrachte daher seine Kindheit im Hause der Großeltern in Niederndorf am Inn, in Oberbayern. Sein Großvater war als Waldarbeiter beschäftigt, die Großmutter unterhielt eine kleine Landwirtschaft, bei der Luis kräftig mithelfen musste.

Als Luis Rauschhuber fünfzehn Jahre alt war, starb sein Großvater, ein Jahr später die Großmutter. Das schmerzliche Gefühl der Einsamkeit sollte ihn zeitlebens begleiten und zum Thema vieler seiner Arbeiten werden. In dieser Zeit hatte er sein erstes Glaubenserlebnis, welches bewirkte, dass er sich wie von einer geheimnisvollen Kraft begleitet und geführt fühlte:

Meine Führung hatte ich durch meinen Herrn, und immer führte er mich recht durch Versuchungen.

(Luis Rauschhuber, „Skizzen für eine Lebensaufzeichnung“) Die Zitate im folgenden sind, falls nicht anders vermerkt, unveröffentlichten Schriften, Notizen und Briefen Luis Rauschhubers entnommen. 

1928 - Klasse Widmer

Ein Stipendium ermöglichte es ihm, von 1930 bis 1933 an der Akademie der Bild. Künste in München zu studieren. Prof. Karl Killer war sein Lehrer. Als Werkstück zur Aufnahme in die Akademie München schuf er den „Schmerzensmann“, eine lebensgroße Stele und sehr ausdrucksstarke Arbeit, die sich heute in der Kirche St. Martin in Nürnberg als Kriegerdenkmal befindet. In seinen Ferienzeiten ging er auf „Wanderschaft“. Er reiste zu Studienzwecken nach Düsseldorf, Duisburg, Berlin und Breslau. Gelegentliche Steinmetzarbeiten halfen ihm seine Reisekasse aufzubessern. Danach kehrte er wieder nach Nürnberg zurück um als Meisterschüler bei Prof. Widmer an der Kunstgewerbeschule das Studium fortzusetzen. Sein Atelier hatte er neben der Schule.

Ab 1936 war Luis Rauschhuber als freier Bildhauer tätig. Besonders mit seinen Portraits, die im Frühwerk den größten Teil seines Schaffens einnahm, gewann er in der Öffentlichkeit bald große Beachtung. Dies verhalf ihm zu privaten Aufträgen. Öffentliche Aufträge erhielt er wenige, denn sein Schaffen diente nicht den Ideen des Nationalsozialismus.

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde er für kurze Zeit zum Militärdienst herangezogen, bald aber wegen schlechter Gesundheit wieder entlassen. 1941 lernte er seine spätere Ehefrau Gertrud, geb. Meixner, in Würzburg kennen. Beim Angriff auf Wörth im August 1942 wurde sein Atelier völlig zerstört. Wie durch ein Wunder blieb von seinen Werken allein der bereits erwähnte Schmerzensmann zwischen den Trümmern unversehrt. 

Im Atelier um 1960

Er war Gründungsmitglied der Künstlergruppe „Der Kreis“, die sich ab 1947 als Vereinigung im Sinne eines künstlerischen und geistigen Neubeginns nach den Kriegswirren und der nationalsozialistischen Beschränktheit verstand. Weitere Mitglieder des „Kreises“ wurden beispielsweise Eitel Klein, Oskar Koller und Gustav Seitz, um nur einige zu nennen.

Nach den vielen Entbehrungen und Provisorien in Hinblick auf seine Werkstätten, errichtete Luis Rauschhuber eine Wohn- und Arbeitsstätte im Stadtteil Ziegelstein, die er mit seiner Frau und der eben geborenen Tochter Monika 1952 bezog. Hier wohnte und arbeitete er bis zu seinem Lebensende.

1955 hatte Rauschhuber Gelegenheit zu einer Reise nach Italien in die Toskana, nach Florenz und Rom. Sein Interesse an der Gestalt des heiligen Franziskus führte ihn auch nach Assisi. 

Von Mai 1953 bis Oktober 1955 hatte Luis Rauschhuber einen Schüler, den angehenden Bildhauer Gerhard Maisch, dessen vorheriger Lehrer überraschend verstorben war. Er setzte nach dieser Lehrzeit sein Studium an der Akademie für bildende Künste fort und blieb Luis Rauschhuber auch in dieser Zeit stark verbunden. Auch half er ihm bei der Ausführung größerer Aufträge wie beispielsweise der Großplastik "Hl. Familie" für Würzburg-Heidingsfeld.

1958 wurde sein Sohn Martin geboren.

Großplastik "Hl. Familie" für Würzburg-Heidingsfeld

Im übrigen war seine ganze Lebensanschauung geprägt durch seinen Glauben, in dem er den eigentlichen Halt im Leben sah. Nicht Kirchentreue, nicht Dogma, sondern tiefer Glaube an die Existenz und Güte Gottes. Ehrfurcht vor dem Leben und Mut zu Toleranz waren ihm eigen. Zunehmend nahmen religiöse Themen Raum in seinem Schaffen ein.

1968 stürzte Luis Rauschhuber von einer Leiter und brach sich das Fersenbein. Die schmerzhaften Folgen dieses Unfalls machten es fortan unmöglich, größere plastische Arbeiten anzugehen. Seine künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten beschränkten sich fortan auf den zeichnerischen Bereich und kleinere Tonarbeiten. Wie sehr er unter diesem Zustand litt, zeigen seine letzten Werke. "Der leidende Mensch", es war seine letzte große Arbeit, schuf er mit viel Hingabe und unter großen Mühen im Jahre 1972 für das Klinikum Nord in Nürnberg.

Sein letztes Werk war ein sehr eigenwilliger Kreuzweg (Tontafeln mit 15. Station: "Auferstehung") für die Kapelle der Niederbronner Schwestern von St. Georg (1973).

Am 7. Mai 1973 verstarb Luis Rauschhuber im Alter von knapp 69 Jahren.

Luis Rauschhuber - um 1970

Biografie

Im Atelier - 1972

Seinen Lebensunterhalt verdiente Luis Rauschhuber bis zum Ende der Inflationszeit als Vermessungs- und Bürogehilfe beim Kanalausbau am Inn.

1924 folgte er der Einladung seiner Tante mit ihr und seinem Cousin, dem er sich tief verbunden fühlte und den er als seinen Halbbruder betrachtete, in Nürnberg das Weihnachtsfest zu feiern. Voller Freude über dieses Angebot ließ er ein Schwein schlachten und kam mit einem Koffer, gefüllt mit Fleisch und Würsten nach Nürnberg, wo Hungersnot herrschte. Die Begeisterung über dieses „kostbare“ Geschenk war so groß, dass er von seiner Tante zum Bleiben aufgefordert wurde.

An seinem neuen Wohnort faszinierten den zwanzigjährigen die vielen Kirchen, Plastiken und architektonischen Schönheiten derart, dass er beschloss Bildhauer zu werden. Es gelang ihm bei einem Bildhauermeister unterzukommen, bei dem er mit Gips, Ton und anderen Materialien umzugehen lernte. Danach trat er eine Lehre bei einem Steinmetz an, und arbeitete mit bei Renovierungen an der St. Lorenzkirche. Gleichzeitig belegte er Abendkurse für Zeichnen an der Kunstgewerbeschule (1925). Sie hieß damals „Staatsschule für angewandte Kunst“. In diese Schule wurde er 1926 aufgenommen und lernte bis 1929 bei Prof. Widmer. Dort erhielt er bei schulischen Wettbewerben auf Grund seiner Begabung und seines ehrgeizigen Schaffens mehrere Preise und Auszeichnungen.

Gertrud Rauschhuber - Portrait

Der Verlust seines Ateliers traf ihn hart. Die vergangenen Jahre waren besonders schaffensreich gewesen. Luis Rauschhuber wohnte vorübergehend auf dem Barthhof in der Holledau bei Wolnzach, doch quälte ihn der Umstand nicht arbeiten zu können. Nach langem Bemühen erhielt er in der Hirschelgasse in Nürnberg ein neues Atelier. Seine Wohnung befand sich in der Mostgasse. Im Herbst 1944 heiratete er Gertrud Meixner.

Bei einem erneuten Angriff auf Nürnberg am 2. Januar 1945 verlor er zum zweiten Mal sein Atelier samt Wohnung. Bis 1947 wohnte er mit seiner Frau bei deren Familie in Würzburg und teilte sich in dieser Zeit mit dem Graphiker Gerhard Oberländer einen Atelierraum in der Orthopädischen Klinik „König Ludwig-Haus“ in Würzburg.

1947 konnte er mit seiner jungen Frau wieder in Nürnberg eine Wohnung beziehen, in Untermiete bei einem älteren Ehepaar in der Schwabenstraße. Hier benutzte er vorübergehend eine Dachkammer in der Maschinenfabrik Goller als Atelier. Auch durfte er zeitweise in der Kirche St. Ludwig auf einer Holzempore arbeiten, was ihm sein guter Freund Pater Heimrad, ein Franziskanermönch, vermitteln konnte.

Mit Ehefrau und Tochter Monika - 1952
Haus in Ziegelstein

Luis Rauschhuber, der Zeit seines Lebens gerne Freundschaften pflegte, hatte auch in diesen Jahren regen geistigen Austausch mit Vertretern der schönen Künste, z.B. der Musikerin Alma Sint, den Malern Eitel Klein, Fritz Heidingsfeld und Oskar Koller, den Architekten Ernst Huber, Hans Schädel und vielen anderen, sowie auch mit Tänzern und Schauspielern.

Gute Freunde waren Luis Rauschhuber von jeher wichtig, und die Oberflächlichkeit vieler Menschen verabscheute er. „Morbidität des Herzens“ nannte er dieses Phänomen. Zum einen hielt er die geistige Potenz des Menschen für eine wertvolle Eigenschaft:

Wir können nicht die äußere Funktion unseres Körpers schlechthin als Leben bezeichnen, sondern erst jenes Durchlebtsein durch den Geist, der uns immer ein Geheimnis bleiben wird und uns ehrfürchtig macht und für unsere Taten verantwortlich; denn der Wille in uns ist irrtümlich und von jenem Geist getrennt.

(Brief an Gertrud Meixner, 8. September 1942)

Zum anderen schätzte er die „Bildung des Herzens“, denn „ein gutes Herz wiegt allein eine Fülle Verstand auf“.

Große Steinplastik „Musik“ in Bayreuth vor dem Klinikgebäude (1962)
Engel „Lichterscheinung“ (1968)